Ungarn: Der zweifelhafte Aufstieg des Milliardärs Lőrinc Mészáros - WELT (2024)

Wirtschaft Ungarn

Der zweifelhafte Aufstieg des Milliardärs an Orbáns Seite

| Lesedauer: 4 Minuten

Von Felix Eick

Redakteur Wirtschaft und Finanzen

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Vor zehn Jahren lag Lőrinc Mészáros wirtschaftlich am Boden. Heute ist er Milliardär und der reichste Mann Ungarns. Seinen Aufstieg hat er Ministerpräsident Viktor Orbán zu verdanken. Kritiker sehen die beiden Schulfreunde als mächtige Figuren in einem „Mafia-Staat“.

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Weltweit gibt es gerade einmal 2153 Dollar-Milliardäre. In diesen exklusiven Club ist nun ein zweiter Ungar aufgestiegen: Lőrinc Mészáros. Der Mann, der auf Deutsch Laurenz Metzger heißen würde, ist ein Schulfreund von Ministerpräsident Viktor Orbán – und reiht sich in der globalen Forbes-Reichen-Liste auf Rang 2057 ein. Mészáros folgt damit dem bisher einzigen Krösus in der Liste - Sándor Csányi, Chef der größten ungarischen Bank OTP undebenfalls ein Orbán-Freund. Angesichts des atemberaubenden Tempos von Mészáros Aufstiegs und seiner erstklassigen Beziehungen dürfte er in den nächsten Jahren finanziell noch mächtiger werden.

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Die Wiege seines Milliarden-Aufstiegs heißt Felcsút. Das Dorf im Norden Ungarns ist die Heimat von Mészáros und Orbán. Hier sind beide gemeinsam zur Schule gegangen. Zwar blieb Mészáros, als Orbán schon Chef der Regierungspartei Fidesz und Ministerpräsident war, in Felcsút. Die enge Freundschaft der Mitfünfziger aber hatte Bestand – und Mészáros gibt unverblümt zu, wem er seine Unternehmer-Karriere zu verdanken hat: „Gott, dem Glück und Viktor Orbán.“

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Lange Jahre führte Mészáros in seinem Heimatdorf Felcsút einen Gasinstallationsbetrieb, ging 2007 damit pleite. Vier Jahre später, Orbán steckte als Ministerpräsident mitten im Abbau der Rechtstaatlichkeit, wurde Mészáros für den Fidesz Bürgermeister seines Heimatdorfes. Mit Tabak-Konzessionen und der Finanzierung eines neuen Fußballstadions im Auftrag von Orbán kam Mészáros wieder auf die Beine.

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Weitere vier Jahre später, 2015, schafft er schließlich erstmals den Sprung in die Liste der reichsten Ungarn – bis zum Jahr 2018 versechsundvierzigfachte er sein Vermögen: von 25 Millionen Euro auf 1,15 Milliarden Euro. Heute besitzt er hunderte Hektar Land um Felcsút, Villen in Kroatien, eine dazugehörige Yacht.

Ungarn im Visier der Betrugs-Fahnder

Denn seine Geschäfte haben in den letzten vier Jahren immer mehr Fahrt aufgenommen: Heute gehören über zweihundert Firmen zu seinem Imperium, dahinter bekannte Bau-Unternehmen, das Verlagshaus Mediaworks, eine Immobilienverwaltung, Agrar-Gesellschaften, ein Lebensversicherer und die MKB, eine der größten Banken des Landes.

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Auch im Ausland hat Mészáros weiter eingekauft, der kroatische Fußball-Erstligist NK Osijek befindet sich in seinem Besitz. Gerade baut er für den Club ein neues Stadion, die Heimspiele will er aus einer Gemeinschafts-Sauna im VIP-Bereich verfolgen. Am Balaton, dem beliebten Urlaubssee des Landes, gehören ihm dutzende hochpreisige Hotels.

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Doch seit Jahren erheben ungarische Investigativ-Journalisten schwere Vorwürfe gegen Orbán und seinen alten Schulfreund. Orbán verhelfe Mészáros zu Reichtum, dieser unterstütze ihn im Gegenzug politisch. Eine weitere Anschuldigung: Mészáros soll für Orbán, der offiziell keiner unternehmerischen Tätigkeit nachgehen darf, Vermögen beiseite schaffen. Dies trug ihm den wenig schmeichelhaften Spitznamen „Strohmann“ ein.

Der Ministerpräsident sorge wiederum dafür, dass öffentliche Ausschreibungen auf den Bauunternehmer zugeschnitten werden. Der Anti-Korruptionsplattform Atlatszo zufolge ging es dabei im vergangenen Jahr um Ausschreibungen in Höhe von 826 Millionen Euro, ähnlich viel wie im Vorjahr. Erschütternd: 93 Prozent der Mittel stammen von der Europäischen Union. Das europäische Amt für Betrugsbekämpfung OLAF ermittelte mehrfach wegen Veruntreuung – im Jahr 2017 in zehn Fällen gegen Ungarn; nur Rumänien war mit elf Fällen stärker im Visier der Fahnder.

„Postkommunistischer Mafia-Staat“

Die von Mészáros eingeworbenen EU-Gelder fließen in von seinen Baufirmen durchgeführte Projekte: darunter eine Donaubrücke für 90 Millionen Euro oder Autobahnen. Auch am Bau des mit russischer Unterstützung entstehenden Atomkraftwerks Paks verdient er mit.

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Am einträglichsten ist aber wohl der Eisenbahnbau: Wellen schlug eine sechs Kilometer lange Strecke durch Felscút für zwei Millionen Euro – finanziert aus EU-Fördertöpfen. Später stellte sich heraus, dass die täglich 2500 veranschlagten Passagiere bei Weitem nicht erreicht werden. Trotzdem verdient Mészáros beim Bahnausbau weiter mit – mit einer Bahnstrecke im Osten Ungarns für 240 Millionen Euro oder einer neuen Eisenbahnstrecke von Budapest nach Belgrad. Gemeinsam mit einem chinesischen Konsortium baut Mészáros an dem eine Milliarde schweren Vorhaben – den Auftrag für die 160 Kilometer auf ungarischem Boden erhielt er von der ungarischen Regierung.

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Von all dem soll auch Ministerpräsident Orbán profitieren, etwa im Oktober 2016. Unter nicht abschließend geklärten Umständen übernahm Mészáros’ Unternehmen Opimus Press mit der „Volksfreiheit“, ungarisch „Népszabadság“, eine der letzten regierungskritischen Tageszeitungen – und machte den Laden dicht. Er schloss die Zeitung postwendend, ohne die Redakteure noch einmal an ihren Arbeitsplatz zu lassen.

Bálint Magyar, ehemaliger Bildungsminister, nennt Orbáns Beziehungsgeflecht einen „politisch-ökonomischen Clan“. In einem Gastbeitrag im österreichischen Standard geht er hart mit Orbáns Beziehungsgeflecht ins Gericht. Ein Foto im Artikel zeigt den Ministerpräsidenten zusammen mit Mészáros im Fußballstadion von Felcsút. Daneben steht Magyars Fazit: „Aus Ungarn ist ein postkommunistischer Mafia-Staat geworden.“

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